PMI International: der Abschwung vertieft sich – procure.ch

PMI International: der Abschwung vertieft sich

Publiziert am Quelle: Finanz und Wirtschaft

Die konjunkturellen Frühindikatoren entfernen sich weiter von der Wachstumsschwelle

Wie sehr sich die Vertrauenskrise der Banken im Stimmungsbild der grossen Industrieunternehmen niederschlägt, ist offen. Doch die Grosswetterlage im verarbeitenden Gewerbe rund um den Globus hat sich weiter eingedüstert. Die Einkaufsmanagerindizes (Purchasing Managers Index, PMI) für den Monat März sinken vielerorts weiter unter die Wachstumsschwelle, die bei 50 Punkten liegt. Werte unter 50 zeigen eine Verlangsamung der Wirtschaftsaktivität gegenüber dem Vormonat an. Die PMI der konjunktursensitiven Industriebetriebe werden als verlässlicheVorlaufindikatoren zur tatsächlichen Konjunkturentwicklung weithin geschätzt.

Die Umfrageergebnisse aus mehr als vierzig Ländern des Datenanbieters S&P
Global fördern eine gemeinsame Hauptsorge der Einkaufsmanager zutage: die
bröckelnde Nachfrage. So verzeichnete die Industrie der Eurozone das elfte Auftragsminus in Folge. «Die Nachfrage nach Industrieerzeugnissen ging wegen der
steigenden Lebenshaltungskosten, der restriktiveren Geldpolitik, des Abbaus von
Lagerbeständen und des gedämpften Kundenvertrauens den elften Monat in
Folge zurück», kommentiert Chris Williamson, Chefökonom bei S&P Global Intelligence die enttäuschenden Ergebnisse aus dem vergangenen Monat.

Rezession nicht abgehakt

Das Fahrwasser sei für die Betriebe nach wie vor unruhig. Da die Neuaufträge wiederum Vorlaufcharakter für die Wertschöpfung der Industrie haben, ist der anhaltende Rückgang ein konjunkturelles Ausrufezeichen negativer Art. Das Thema
Rezession ist längst noch nicht abgehakt. 

Der Industrie-PMI der Eurozone sank gegenüber Februar um 1,2 Punkte auf ein Viermonatstief von 47,3. Spitzenreiter innerhalb des Währungsraums ist die griechische Industrie mit einem Wert von 52,8, gefolgt von Spanien und Italien. Das
Schlusslicht bilden Deutschland und Österreich, die beide bei 44,7 Zählern einen
deutlichen Abstand von der Wachstumsschwelle verzeichnen. Für die deutschen
Industrieunternehmen ist das der niedrigste Wert seit Mai 2020, inmitten des
Pandemieschocks.

Hauptursache für den Rückgang des Eurozone-PMI ist der rekordstarke Abfall
des Subindex zu den Lieferzeiten. Das führte zwar zu einer besserenVerfügbarkeit
von Rohstoffen und Vorprodukten, sodass der Auftragsbestand weiter abgearbeitet
werden konnte. Doch die Subkomponente zur Produktionstätigkeit hält sich nur
knapp im Expansionsbereich. Da gleichzeitig nur wenige Neuaufträge ankommen,
werden die Auftragsbücher dünner.

Positiv hervorzuheben ist die stark nachlassende Preisdynamik. «In der Zwischenzeit
hat die Nachfrageflaute dazu geführt, dass sich die Preismacht vomVerkäufer auf den Käufer verlagert hat», erläutert Williamson. Die höhere Verfügbarkeit von Rohstoffen bei gleichzeitig rückläufiger Nachfrage sorge zudem dafür, dass die Zulieferer ihre Preise reduzierten. Zudem sanken die Energiekosten, sodass 
die Einkaufspreise im März erstmals seit knapp drei Jahren rückläufig waren.

Ganz ähnlich sieht das Bild in der Schweiz aus (vgl. Grafik 2). Der PMI, der
hierzulande ein Gemeinschaftswerk von Credit Suisse (CS) und dem Schweizer
Fachverband für Einkauf und Supply Management procure.ch ist, gibt weiter nach
und liegt mit 47 Zählern den dritten Monat in Folge im Kontraktionsbereich. Der
Index zu den Lieferfristen liegt auf einem Niveau von 37,1, wobei jedes vierte Unternehmen kürzere Wartezeiten meldete.

Den stärksten Abfall zum Vormonat verzeichnet die Subkomponente der Einkaufspreise, die auf ein Siebenjahrestief von 43,9 Punkten gesunken ist. Das
Thema Preisdruck und Inflation rückt auf der Sorgenliste der heimischen Betriebe
somit deutlich nach unten.

USA bereiten Sorge

In Asien tanzt eineVolkswirtschaft klar aus der Reihe: In Indien brummt das Geschäft.
Der Industrie-PMI hält sich seit August 2020 über der Marke von 50. Derweil schmelzen die Hoffnungen, dass China in diesem Jahr zur Wachstumslokomotive für die Weltwirtschaft werden könnte, langsam dahin.

Schliesslich lässt auch die Dynamik in der grössten Volkswirtschaft der Welt
deutlich nach. Das Barometer des Institute for Supply Management (ISM) in den
USA fällt auf 46,3 Punkte, ein Niveau, das in diesem Jahrtausend nur während der
Pandemie und der globalen Finanzkrise erreicht wurde. Die USUnternehmer
berichten ebenfalls von gut funktionierenden Lieferketten, doch die Nachfrage schwindet zusehends. 

Jede einzelne Subkomponente des ISM-PMI liegt mittlerweile im Kontraktionsbereich. Selbst der Index zur Beschäftigung, welcher in Europa vielerorts noch über 50 liegt, verzeichnet den zweiten Monat in Folge einen Rückgang. Auf dem tiefsten Stand sämtlicher Subindizes befinden sich jene zum Auftragseingang.

Angesichts der Entwicklung der Einkaufsmanagerindizes rund um den Globus
werden sich Ökonomen daran machen, ihre Wachstumsprognosen zu überarbeiten.
Die Anzeichen für eine Rezession verdichten sich.

Quelle: Finanz und Wirtschaft vom 5. April 2023

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