Die Zukunft gestalten: Insights von der Frühjahrstagung 2023 – procure.ch

Die Zukunft gestalten: Insights von der Frühjahrstagung 2023

Publiziert am Autor: Mario Walser

Wie jedes Jahr Mitte Mai wurde das Berner Bellevue Palace einen Tag lang zum Brennpunkt der Schweizer Beschaffungsszene. Nebst Referaten kam auch der fachliche und persönliche Austausch unter den 250 anwesenden Mitgliedern nicht zu kurz.

Bereits beim Begrüssungskaffee sah man in der Orangerie erste Mitglieder fleissig am «netzwerken». Die QR-Codes auf den neugestalteten «Badges», die auch sichtbar machten, wer beispielsweise Neumitglied oder Startup-Unternehmerin war, trugen das ihre zu einem regen Austausch bei.

«Im Zeitgeist der Generationen: Networking 2023» war der thematische Schwerpunkt der von Moderatorin Janine Geigele wie immer brillant moderierten Frühjahrstagung. Vier international renommierte Speakerinnen und Speaker waren für das «Software-Update» in puncto «Generation Z» und «Mindhacking» zuständig.

Dazwischen gaben Präsident und Geschäftsführer von procure.ch einen Einblick in die für alle Anwesenden wichtigen Verbands-Interna.

Wie New Work uns alle verbindet

Als ehemalige «Head of Talent Engagement» bei Google EMEA weiss Daniela Landherr ganz genau, was es braucht, um Talente zu engagieren und Führungskräfte bei der Umgestaltung von Arbeitskulturen zu coachen. Die Babyboomer, die «Generation X» und die «Generation Z» hätten eines gemeinsam – den Arbeitsplatz. Das mache die ganze Sache konfliktträchtig, da jede Generation andere Ansichten hätte, wenn es um Arbeitsethik, Managementstil, Kommunikationswege, Nutzung von Technologien und den Umgang mit Arbeitsformen gehe.

Gerade die ersten Monate der Pandemie hätten aber beispielsweise eine digitale Transformation bewirkt, für die es normalweise zwei bis vier Jahre brauchen würde. Das stelle alle Generationen am Arbeitsplatz vor neue Herausforderungen. Eines sei klar – traditionelle Lösungsansätze würden in einer disruptiven und sich unaufhaltsam weiter wandelnden Arbeitswelt immer öfter nicht mehr die erhofften Lösungen bringen. Transformatives Lernen sei die Devise. Für die «Älteren» bedeutet das, früher Erlerntes zu «entlernen», bevor neues gelernt werden könne.

Das Projekt Aristotle von Google habe untersucht, was ein effektives und leistungsstarkes Team ausmacht.

Ein Team, in dem sich die Mitglieder sicher fühlen, ihre Meinungen frei äussern zu können, Ideen auszutauschen und Fehler zuzugeben, sei erfolgreicher.

Ein effektives Team habe klare Ziele und eine klare Aufgabenverteilung. Jedes Teammitglied kenne seine Rolle und Verantwortlichkeiten, was zu Effizienz und Produktivität führe.

Teammitglieder, die ihre Aufgaben zuverlässig erledigen und Verantwortung für ihre Handlungen übernehmen, tragen zur Stabilität und Effektivität des Teams bei.

Eine effektive Kommunikation ist für ein erfolgreiches Team unerlässlich. Das bedeutet, dass Informationen klar und zeitnah ausgetauscht werden, Feedback gegeben wird und alle Teammitglieder aktiv zu Diskussionen beitragen. Teams, die verschiedene Perspektiven, Hintergründe und Fähigkeiten vereinen, sind kreativer und innovativer.

Wenn Teammitglieder den Zweck ihrer Arbeit verstehen und darin einen persönlichen Wert sehen, sind sie motivierter und engagierter. Diese Erkenntnisse zeigen, dass ein effektives und leistungsstarkes Team nicht nur auf technischen Fähigkeiten beruht, sondern auch auf psychologischen und sozialen Faktoren.

Die Schaffung einer positiven Teamkultur, in der sich die Mitglieder unterstützen, respektieren und motivieren, ist entscheidend für den Erfolg des Teams.

Für alle Szenarien bereit sein

Zukunftsforscherin Alice Rombach berät und begleitet Organisationen, wenn es darum geht, mögliche Zukunftsszenarien zu erkennen und zu gestalten.

Anhand ihrer erst kürzlich erfolgten Expedition zum Nordpol zeigte sie auf, dass trotz bester Vorbereitung eines jeglichen Vorhabens in der Gegenwart, gleichwohl in der Zukunft unvorhergesehene Ereignisse auftreten können. Das gelte genauso auch für Unternehmen und Organisationen. Auch diese müssten neben den aktuellen Herausforderungen auch die zukünftigen Möglichkeiten, Herausforderungen und Veränderungen im Blick behalten.

Vor allem aber gehe es darum, eine offene und proaktive Einstellung gegenüber der Zukunft einzunehmen und bereit zu sein, sich auf Veränderungen einzustellen und diese als Chancen zu nutzen.

Es geht darum, bestehende Annahmen und Überzeugungen zu überdenken, neue Perspektiven zu entwickeln und neue Fähigkeiten zu erwerben, um sich an eine sich verändernde Welt anzupassen.

Es sei wichtig, jeweils mehrere, unterschiedliche Zukunftsszenarien zu planen. Es genüge nicht, sich auf bekannte Muster und etablierte Vorgehensweisen zu verlassen, um zukünftige Ergebnisse abzuleiten. Das Bewältigen von aktuellen Krisen könne dazu führen, risikoavers zu handeln, anstatt vorausschauend zu planen oder innovative Lösungen zu suchen.

Das Konzept des «Nicht-Wissens» sei ein wichtiger Bestandteil der Zukunftsplanung. Durch das Ausprobieren neuer Ansätze, das Sammeln von Daten und Feedback sowie transformatives Lernen könne man sich besser auf zukünftige Unsicherheiten vorbereiten. Dazu trage auch der Austausch mit anderen und das Einholen unterschiedlicher Perspektiven bei. All das führe zu tiefgreifenden Veränderungen im Denken, in der Wahrnehmung und im Verhalten einer Person oder einer Organisation.

Interna für Mitglieder

Vor der Mittagspause gab Geschäftsführer Andreas Kyburz Einblick in die Ergebnisse der Generalversammlung, die vor einigen Wochen digital durchgeführt wurde. Bemerkenswert sei, dass die Beteiligung seitdem die GV digital durchgeführt werde, markant höher sei.

Angelico Schneider, Leiter Bildung, beleuchtete zudem kurz die geplanten englischsprachigen Weiterbildungsmöglichkeiten bei procure.ch.

Zum Ende dieses Blocks erörterte Präsident Adrian Jungo einige zentrale Aspekte der Verbandsstrategie nochmals genauer.

Zum Schluss hiessen Präsident und Geschäftsführer die beiden neuen an der GV frischgewählten Vorstandsmitglieder Judith Paulus von der ZHAW und Belinda Stiefenhofer von Manor herzlich willkommen im Vorstand.

Digital als Normalzustand

Über die «Generation Z» existieren verschiedene Vorurteile, zum Beispiel, dass sie verwöhnt, faul und fordernd sei. Gemäss Max Hagenbuchener, als 25jähriger selbst ein «Z-ler», sei das nicht gerechtfertigt.

Die eine «Generation Z» gebe es so nicht, sie sei ein medial kreiertes Phänomen. Wie in jeder Generation, gebe es auch hier Durchstarter, Karrieristen, Idealisten und Bodenständige. Ausser Frage stehe jedoch, dass die zwischen den späten 1990er Jahren und den frühen 2010er Jahren Geborenen sich in einigen Aspekten von ihren Vorgängergenerationen unterscheiden würden.  So seien sie in einer stark digitalisierten Welt aufgewachsen und hätten bereits von Kindheit an Zugang zu Technologie und Internet und folglich auch ein entsprechend intensiveres Nutzerverhalten. Diese Generation hätte also andere Rahmenbedingungen und sei bereits «post-digital» und betrachte «all-digital» als Normalzustand.

Klar sei auch, dass diese Generation naturgemäss in Zukunft einen erheblichen Teil der Wirtschaftsleistung ausmachen werde. Zudem würden rund zwei Drittel der Jobs, in denen die Generation Z arbeiten werde, heute in dieser Form noch nicht existieren.

Auch Management und Leadership seien einer Veränderung unterworfen. Ein effizienterer Einsatz von Technologie und digitalen Tools würden die Planung, Organisation, Koordination und Kontrolle von Ressourcen, um Ziele und Aufgaben effizient zu erreichen künftig verändern.

Und in Bezug auf Leadership bevorzuge die Generation Z eine kooperative und partizipative Führungsweise. Es werde darum gehen, Menschen zu inspirieren, zu motivieren, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Es sei sowohl für die Millennials – wie auch für die «Generation Y», die momentan die Führungspositionen besetze – wichtig, diese Unterschiede zu berücksichtigen, um eine effektive Kommunikation, Zusammenarbeit und Führung in einer multigenerationalen Arbeitsumgebung zu fördern.

Erkenne, was Menschen denken, und du bekommst, was du willst

Wer sich für sein Gegenüber interessiere, habe es leichter, Gemeinsamkeiten zu schaffen und Vertrauen aufzubauen, davon ist Norman Alexander überzeugt – und bewies dies als letzter Referent des Tages auch ausdrücklich mit diversen Experimenten – unter Miteinbezug des Publikums.

«Mind Hacking» habe nichts mit Zauberei zu tun, sondern mit diversen, situativ eingesetzten Gesprächstechniken, die jeder mit ein wenig Übung beherrschen könne.

Beim sogenannten «Angeln» versuche man Reaktionen und Informationen vom Gesprächspartner zu entlocken, in dem man Fragen zu Aussagen umformuliere und so eine abgemilderte Vermutung über den Zustand oder die Gedanken des Gegenübers abgebe, mit dem Ziel, eine Reaktion hervorzurufen. Durch das Beobachten der Reaktion könne man Rückschlüsse auf die Gedanken und Emotionen des Gesprächspartners ziehen und weitere Informationen gewinnen.

Durch die sogenannte «Raster-Technik» würden verschiedene Faktoren wie Geschlecht, Alter, Kundentypen oder persönliche Eigenschaften betrachtet und in ein Raster oder ein System eingeteilt. Durch diese Kategorisierung könne man bestimmte Verhaltensmuster, Bedürfnisse und Denkweisen identifizieren und darauf basierend die Kommunikation und Interaktion anpassen.

Durch das Verstehen der Gedanken des Gegenübers kann man Zustimmung und Offenheit erzeugen. Es ist wichtig, den Fokus auf den anderen zu richten, anstatt nur mit sich selbst beschäftigt zu sein. Durch das Beherrschen dieser Fähigkeiten des Gedankenentschlüsselns kann man effektiv kommunizieren, Vertrauen aufbauen und erfolgreich in Gesprächen sein. Es ermöglicht eine bessere Verbindung zu anderen Menschen und eine verbesserte zwischenmenschliche Interaktion.

Herzlichen Dank

Den Sponsoren sei an dieser Stelle herzlich für ihren Beitrag zum Gelingen gedankt. Nur dank ihrer Hilfe ist es möglich, den traditionsreichen und vielbesuchten Doppelanlass in dieser Form durchzuführen.

Save the date:

Die nächste Frühjahrstagung findet am 16. Mai 2024 gleichenorts statt.

Mario Walser

Mario Walser leitet seit 2015 die Redaktion des «Procure Swiss Magazin». Das Fachmagazin des Schweizer Einkaufsverbandes procure.ch hat einen klaren Fokus auf Einkauf und Supply Management. Der studierte Politologe verfügt über langjährige Erfahrung in der Medien- und Öffentlichkeitsarbeit.

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