Vom Dienstleister zum Kompetenzzentrum: Wie sich der moderne Einkauf positioniert

Vom Dienstleister zum Kompetenzzentrum: Wie sich der moderne Einkauf positioniert

Publiziert am Autor: Antonia Stalder

Eine Beschaffungsorganisation, die das Werkzeug der kreislauffähigen Beschaffung beherrscht, trägt zur Erreichung verschiedener ökologischer und ökonomischer Unternehmensziele bei. Damit der Einkauf diese Rolle wahrnehmen kann, wird er optimalerweise lange vor dem eigentlichen Beschaffungsmoment involviert.

Lieferengpässe, Preisschwankungen, steigende regulatorische Anforderungen, Klimaschutzziele, Rentabilitätsvorgaben, Fachkräftemangel – wer sich dazu umhört, mit welchen Herausforderungen der Einkauf einer Organisation oder eines Unternehmens konfrontiert ist, erhält eine breite Palette von Antworten. Verschiedenste Massnahmen werden ergriffen, um diese Anforderungen zu bedienen. Eine davon kann die kreislauffähige Beschaffung darstellen – davon ist Prozirkula überzeugt. Denn eine auf Kreislaufwirtschaft ausgerichtete Beschaffung hilft, Ressourcen zu schonen, senkt die Treibhausgasemissionen in Scope 3 und profitiert von ökonomisch attraktiven, qualitativ hochwertigen Lösungen aus resilienten Lieferketten. 

Um das Potenzial dieses Ansatzes nutzen zu können, integriert eine Beschaffungsorganisation optimalerweise Schritt für Schritt die Kreislaufperspektive in ihre Tätigkeiten. Einen richtigen Zeitpunkt für den Start mit diesen Arbeiten gibt es nicht, respektive ist «jetzt» der beste Zeitpunkt dafür. Wird die Beschaffung als Tätigkeit weiter gefasst als nur als Vergabeprozess und auch die Bedarfsanalyse, Marktengagement und -abklärung sowie die Bewirtschaftung der vorhandenen Güter integriert, finden sich diverse Einstiegsmöglichkeiten zur Förderung einer kreislauffähigen Beschaffung.

VOR

So liegt beispielsweise in einer genauen Bedarfsanalyse für eine anstehende Beschaffung ein grosser Hebel zur Ressourcenschonung. Diese darf sich auch die Frage nach der Suffizienz stellen: Welches Bedürfnis liegt genau vor? Muss ich dieses effektiv durch den Kauf eines Produkts befriedigen? Sind Angebotsmodelle wie die Miete, das Teilen oder «Nutzen statt Besitzen» eine valable Alternative? Eine bedarfsgerechte Beschaffung bedeutet auch, sich darüber klar zu werden, ob es wirklich das neuste Produkt mit allen Optionen sein muss oder ob die Nutzenden mit einem aufbereiteten Produkt genauso gut arbeiten können. Denn für viele Güter gilt: Je länger sie genutzt werden, desto ressourcenschonender sind sie. So macht es aus ökonomischer und ökologischer Perspektive Sinn, den Bestand durch vorausschauende Wartung, effiziente Reparaturlösungen sowie Aufbereitung und Umnutzung weiterhin zu nutzen.

WÄHREND

Im Moment der Erstellung des Lastenhefts hat die Beschaffungsorganisation dann die Möglichkeit, explizit Anforderungen an die Kreislauffähigkeit der gesuchten Lösung zu stellen. So kann der Beschaffungsbedarf funktional formuliert werden, damit auch ressourcenschonende Lösungen angeboten werden können. Auf Ebene der Kriterien sind nach erfolgter Marktanalyse sowohl Mussals auch Kann-Kriterien möglich, welche ein kreislauffähiges Design und/oder ein entsprechendes Geschäftsmodell begünstigen. Dazu kann es sinnvoll sein, auf rechtlich geprüfte und vorformulierte Kriterien zurückzugreifen. Ein hilfreiches Instrument dafür bietet die WöB unter: www.woeb.swiss/de/kreislauffaehige-beschaffung

NACH

Mit der Unterzeichnung des Vertrags ist die Arbeit für eine auf Kreislaufwirtschaft ausgerichtete Beschaffung noch nicht getan. Es gilt, auch die internen Prozesse und Nutzungsgewohnheiten anzupassen. Was hilft es beispielsweise, wenn meine Organisation zwar kreislauffähig designte Möbel beschafft, diese dann aber weder repariert noch aufbereitet und wieder einsetzt? Die Ressourcenschonung gelingt dann, wenn die Nutzenden, der Einkauf und das Management zusammen in Richtung Kreislaufwirtschaft ziehen. Und der Anbietermarkt entsprechende innovative Lösungen bereitstellt. Dies kann durch eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Lieferanten explizit gefördert werden. 

Es ist also jederzeit möglich, die eigene Beschaffungstätigkeit auf Kreislaufwirtschaft und damit Ressourcenschonung auszurichten. Indem Beschaffungsorganisationen ihre Kompetenzen dahingehend erweitern, stellen sie sich optimal auf, um die vielfältigen Ziele ihrer Organisation oder ihres Unternehmens zu unterstützen. Bedarfsstellen werden dann in der Beschaffung von einem Kompetenzzentrum begleitet, das die Bedürfnisse, die zur Beschaffung führen, umsichtig, kostenbewusst, qualitätsorientiert und ressourcenschonend befriedigen hilft.

Zusammenfassung 

Eine Beschaffungsorganisation, die das Werkzeug der kreislauffähigen Beschaffung gut beherrscht, trägt zur Erreichung verschiedener ökologischer und ökonomischer Unternehmensziele bei. Mit der Ausrichtung der Beschaffungstätigkeit auf die Kreislaufwirtschaft kann jederzeit begonnen werden: Vor einem eigentlichen Beschaffungsgeschäft gelingt dies, indem beispielsweise die Bedarfsanalyse die Prüfung alternativer Angebotsmodelle wie die Miete umfasst. Während der Erstellung des Lastenhefts sind explizit kreislauffähige Lösungen zu fordern. Und auch nach einer Beschaffung ist die Ausrichtung auf die Kreislaufwirtschaft nicht abgeschlossen. Vielmehr bedarf es der Anpassung von Prozessen und der Verzahnung innerhalb der Organisation. 

 

Antonia Stalder

Antonia ist Geschäftsleiterin von Prozirkula, dem Kompetenzzentrum für öffentliche Kreislaufbeschaffung. Prozirkula setzt sich dafür ein, dass die öffentliche Hand ihre Nachfragemacht nutzt, um den Markt an kreislauffähigen Produkten zu stimulieren und so hilft, die Kreislaufwirtschaft in der Schweiz voranzutreiben. Vor ihrer Tätigkeit für Prozirkula arbeitete Antonia als Projektleiterin Corporate Responsibility bei der Schweizerischen Post. Dort setzte sie Projekte aus den Themenbereichen nachhaltige Beschaffung und Kreislaufwirtschaft um.

antonia.stalder@prozirkula.ch

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